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PRESSEERKLÄRUNG vom 1.10.01

Gut ein Jahr nach dem "Aufstand der Anständigen" veranstaltet die Zeitschrift telegraph gemeinsam mit der Stiftung Haus der Demokratie eine Konferenz.

[Zeit]
vom 5. bis 7. Oktober 2001

[Ort]
Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str.4, 10405 Berlin

[Info]
www.diekonferenz.de

[Titel]
„2001 – stand der dinge. rechtsradikalismus in deutschland“

Text:
Zwar gibt es neuerdings Konferenzen, Tagungen, Workshops und Weiterbildungen zu diesem Thema öfter und vielerorts. Immer wieder wird der Rechtsradikalismus dabei aber als das genaue Gegenteil der Gesellschaft dargestellt, aus der die Leute kommen, die sich öffentlich mit ihm befassen. Der Rechtsradikalismus wird gleichsam auf der anderen Seite des Mondes vermutet: unter irgendwelchen Jugendlichen, in unterprivilegierten und ungebildeten Unterschichten, in Cliquen, welche die Gesetze nicht achten und die öffentliche Ordnung stören, schließlich, nicht zuletzt mit dem Klischee vom saufenden ostdeutschen Skinhead, im illiberalen Nachlaß der DDR. Die Kritiker des Rechtsextremismus sehen sich ganz anders: weltoffen, gewohnt an den Umgang mit fremden Kulturen, konfliktfähig und verfassungstreu.
Ausgangspunkt der Konferenz ist der Verdacht, dass da einiges so nicht stimmt und dass Rassismus und Rechtsradikalismus immer noch aus der Mitte der Gesellschaft kommen – einer Gesellschaft, die auch auf dem Gebiet der Ex-DDR stattfindet, allerdings in besonderer Weise. Über diese Gesellschaft sollte geredet werden und über den Platz, den Rechtsradikale in ihr einnehmen.

In den vergangenen Jahren hat sich in weiten Teilen Deutschlands eine dominante rechte Jugendkultur etabliert, die massive Gewalt vor allem gegen Ausländer, Obdachlose und unabhängige Jugendliche ermöglicht. Der organisierte Rechtsextremismus der alten Bundesrepublik fand einen fruchtbaren Boden für aktivistische Kampagnen und soziale Phrasen. So umstritten die Ursachen sein mögen, eine Tatsache ist unverkennbar: Der durchaus vorhandene antifaschistische Widerstand konnte die Etablierung der Rechten in West und Ost nicht verhindern. Wiederholter und heftiger offizieller öffentlicher Aktionismus hat keine Probleme gelöst. Feierlich angemahnte Zivilcourage wird verdächtigt und kriminalisiert. Die Mobilisierung der Zivilgesellschaft scheitert nicht nur an fehlendem Bürgersinn, sondern vor allem am fehlenden Interesse der Bevölkerung, die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung der Polizei überlassen wollen. Das Kurieren an Symptomen verschafft Zeit und Linderung, aber ohne eine Veränderung der sozialen Strukturen wird eine Auflösung des längst zivilgesellschaftlich verankerten rechten Milieus nicht gelingen.

Die Konferenz richtet sich an Menschen, die sich in verschiedener Weise gegen rechtsradikale Aktivitäten in Deutschland stellen. Sie soll Interessierten und Betroffenen Gelegenheit zur Darstellung eigener Aktivitäten, zur Information und Diskussion bieten. Wir wollen eine ebenso öffentliche wie kritische Auseinandersetzung mit den Ursachen von Rechtsradikalismus und den Möglichkeiten zu seiner Bekämpfung befördern. Ziel dieser Konferenz muss es sein, über die unmittelbar Beteiligten hinaus durch ein breites Medienecho zur Stärkung einer antirassistischen Zivilgesellschaft in Deutschland beizutragen (elektronische Medien, Konferenzreader).


Für weitere Auskünfte stehen Frau Kruschwitz (Stiftung Haus der Demokratie, Öffentlichkeitsarbeit - 20165520)zur Verfügung.

Mail-Adresse:
kontakt@hausderdemokratie.de

Aktuelle Informationen und Konferenzprogramm:
www.diekonferenz.de

telegraph - ostdeutsche Quartalsschrift www.telegraph.ostbuero.de

Mail:
telegraph@ostbuero.de

Mit freundlichen Grüßen


Konferenz vom 5. 10. bis 7. 10. 2001:

5.10. Eröffnungsdebatte:

Waffenbruder Staat? Antifaschistischer Widerstand und Rechtsstaatliche Ordnung.
(Teilnehmer: Wolfgang Kaleck, Frank Jansen, AAB u.a.)

6.10. Sonnabend: Referate und Arbeitskreise:

I. Zwischen Globalisierung und Heimatkult. Die Antwort der neuen/alten Rechten auf die soziale Frage.

II. Herstellung neuer Autoritäten: Die soziale Funktion und Legitimierung rechter Gewalt.

III. Erfahrungen antifaschistischen Engagements in Ostdeutschland.

VI. Brandstifter Staat oder wehrhafte Demokratie?

V. Verordneter Antifaschismus – verordnete Demokratisierung

Podiumsdiskussion:
War die Entnazifizierung in der DDR weniger erfolgreich, als die des "Coca-Cola-Imperialismus" in Westdeutschland, obwohl dort viele Altnazis aktiv blieben? War der Bruch mit dem Dritten Reich in der DDR nicht radikal genug? Haben nazistische Traditionen haben den Bruch überlebt und machten sich in der Entwicklung des Rechtsextremismus nach 1989 bemerkbar?
(Teilnehmer: Inge Deutschkron, Thomas Kuczynski, Lutz Niethammer, Günther Wieland)

7.10. Abschlussdiskussion:
Strategien und konkreter Widerstand: Zwischen sozialrevolutionären Ansätzen, Konzerttouren und Parteiverbot.
(Teilnehmer: Reinhard Schult, Christian Ströbele, AAB, Grenzcamp, telegraph)